Schlagwort-Archive: Therapie

Spannend, wie viele Menschen mit Ängsten reagieren, die sie nicht begründen können: TraumA? Theater!

Seit sehr vielen Jahren hatte ich mit den Selbsthilfegruppen zu tun, die sich zum Thema Angst und Panik-Attacken gefunden hatten, Vereine und Netzwerke waren dabei, die auch mit Theater-Methoden die eigenen Situationen darstellen und meistern wollten, nach draussen tragen, wie es ihnen geht.

TheaterMachtPolitikDie Arbeit war für mich immer besonders interessant:
Besonders vorsichtig gestartet, um niemand zu verschrecken, kamen manchmal ganz locker die härtesten Themen, manchmal ganz zögernd die kleinsten Befürchtungen: Von aussen ist die Bedeutung nicht abzuschätzen.

Besonders hartnäckig sind Themen, die von den Betroffenen gar nicht verstanden werden, in vielen Fällen auch von aussen aufgedrängt sind: Von unausgesprochenen Erlebnissen und Befürchtungen der Eltern, der Familiengeschichte, die über Generationen weitergegeben werden.

Kriegskinder und Kriegsenkel, Nachkriegskinder sind jetzt Arbeitsthemen vieler TherapeutInnen, die solche Phänomene bemerken, und in der Altenpflege ist die Reaktion oft noch ein Schlafmittel oder Beruhigungsmittel mehr, statt die Situation ins Gespräch zu holen:

Dabei hätten etliche der Pflegenden durchaus eigene Erfahrungen, die sie austauschen könnten, aber die Befürchtung einer zu großen Vertiefung steht im Vordergrund, dagegen wäre eine schlichte Anerkennung: „Es waren schwere Zeiten, Sie haben sie überlebt!“ oft schon genug.
Toscana

Theater-Methoden in der Altenpflege können alle die kleinen Fähigkeiten in den Fokus nehmen: Was eine Berührung, ein sanftes Klopfen, eine feste Umarmung bewirken, wie eine Person in ihre innere Ruhe zurück begleitet wird – und wie wir es uns selbst wünschen würden.

http://gestaltleben.wikispaces.com und http://forumtheater.wikispaces.com

Die Arbeit am Trauma braucht natürlich fundierte Ausbildung, aber ein alltäglicher Umgang ist die Grundlage aller pflegenden und sozialen Berufe. Noch wollen die reaktionären Behörden-Mitarbeitende und Forensik depressive Menschen erziehen, zwingen, ohne zu begreifen, dass diese schon mit sich selbst überfordert sind. Überdrüssig.

Werbung

Mit Forumtheater die Trauma-Begleitung in der Altenpflege lernen: Statt Psychopharmaka den Abschied vorbereiten-Radiogespräch

In den Altenheimen haben Pflegende und ehrenamtlich Mitarbeitende derzeit immer mehr mit überwältigenden Kriegs-Erinnerungen zu tun, auch weil äusserlich so viele aktuelle Gefühle und Nachrichten uns beschäftigen. Der Umgang damit braucht einen sicheren Stil, der durch eigene Auseinandersetzung entwickelt werden kann. Dabei gehen wir – immer wieder – den Weg durch die Belastung zu den eigenen Stärken, um befreit und befreiend daran arbeiten zu können.

Mit Forumtheater die Trauma-Begleitung in der Altenpflege lernen:
Eine Fortbildung für haupt- und ehrenamtliche in der Altenpflege, die sich alltagspraktisch mit der Situation der Trauma-Verarbeitung auseinandersetzen wollen:
Die Alten erinnern sich – wie gehen wir damit kompetent um? Sie brauchen keine medizinische Beruhigung, sie brauchen Anerkennung und Gehör: Sie haben unzmutbares erlebt und überstanden, nun braucht es vor allem Einordnung und Anerkennung, und die Gewißheit, überlebt zu haben, bringt uns in den heutigen Alltag zurück.

Statt Psychopharmaka den Abschied vorbereiten
Kriegserfahrungen begründen Traumata, die auch weiter vererbt werden, als jetzt aber eher undefinierbare Angst. Die Alten haben eine Erfahrung, die sie auch hat überleben lassen – für die Angehörigen ist sie aber oft genau eine tabuisierte Stelle, mit der sie nie glernt haben, positiv umzugehen.

Schwarze Pädagogik, Gewalt und MIßbrauchs-Erfahrungen werden immer noch heruntergespielt, doch für die Betroffenen brach oft eine Welt der Gerechtigkeit und des Vertrauens zusammen, was oftmals den guten personalen Kontakt behinderte, erschwerte oder

Die einfachen schlüssigen Sätze für die Grundlage der Begleitung werden wir jeweils persönlich erarbeiten, wie die Grundlagen, die wir für die Umsetzung in unserer Arbeitsstelle für diesen Umgang brauchen.

Nihil potest homo intelligere sine phantasmateexternal image 220px-St-thomas-aquinas.jpg
Man cannot know anything without images,“ Saint Thomas Aquinas. – wikipedia

Nichts vermag der Mensch ohne Bilder zu erkennen

Wir bringen die erlebten oder befürchteten Situationen in Bilder: Ob von der Station, der privaten Pflege und der persönlichen Betreuung: Jede Erinnerung und jede Erfahrung ist einzuordnen,

Befreiende Pädagogik von Paulo Freire steht hinter dem ForumTheater, der wichtigsten Methode aus dem Theater der Unterdrückten von Augsto Boal.
In der Gestalttherapie, von Fritz und Laura Perls, mit Paul Goodman in den Nachkriegsjahren aus der Psychanalyse und der Gesellschaftskritik entwickelt, geht es immer um die Selbs-Heilungs-Kräfte der Persone, die zu unterstützen und stärken sind.

Im Alter und im Sterbeprozeß ist es Aufgabe und Wunsch, das Leben mit seinen erinnerten Belastungen und weniger werdenden Freuden abzuschließen. Starke Medikation im Dämmerzustand ist dazu nur bedingt hilfreich, wenn dadurch keine geordnete Kommunikation mehr möglich ist.

Als Begleitende brauchen wr ein wenig „Handwerkszeug“, die Gespräche zu leiten: Das Wissen um eine Richtung zu einem guten Gesprächsabschluß, die persönliche Präsenz und ein aktives Zuhören, in dem unsere eigenen Anteile nur in wohl dosierter Form einfliessen …

In Übungen in kleinen Gruppen werden wir unsere Gesprächsweisen reflektieren und den heilsamen Anteil erhöhen.
Im RadioGespräch in der Gegensprechanlage auf Radio LoRa München 92,4 im Internet auf der http://www.lora924.de

Theater der Unterdrückten in der Jugendarbeit, der Schule, in Sozialarbeit und der Therapie

Text zur Vorbereitung der Tagung 13.-15. Oktober in München „Theatermethoden wie das Theater der Unterdrückten in der Jugendarbeit, der Schule, in Sozialarbeit und der Therapie“

Das Legislative Theater ist eine Antwort auf die Feudalformen in der Demokratie

Manchmal berührt uns – vor allem auf dem Land – die Unterwürfigkeit vor allem älterer Leute. Sie haben es nie anders gelernt: Das kann eine schnelle Antwort sein, eine Ausrede, aber auch ein bedenkenswertes Phänomen: es ist ein Rest aus der Zeit der Adelsprivilegien.

Während sich die Einen für mehr Demokratie in Bayern einsetzen, wollen die Anderen die Mitsprache wieder an ein besonderes Expertentum und Qualifikationen knüpfen, ihre Macht mit ihrem Elitedenken festhalten. Ein entsprechender Vorgang: Ein Herr mit Dr. im Namen auf der Bahncard wird von den Bahnangestellten sofort besonders höflich behandelt: Wir sind kein Klassenstaat?

In der veröffentlichten Meinung wird schon über ein Jahr von der Politik-Verdrossenheit geschwafelt, die JournalistInnen scheinen nicht besonders einfallsreich auf die geringen Wahlbeteiligungen zu reagieren. Nur wenige kritische ModeratorInnen kommen auch einmal zur PolitikERverdrossenheit und zu den mühsamen Wegen politischer Veränderung gegen die herrschenden Strukturen. Jahre nach der sog. geistig-moralischen Wende sind die Machtpositionen so festgezurrt, daß Jugendliche keine Hoffnung in eine Veränderung unter ihrer Mitwirkung sehen.

Im Prinzip Schule haben sie bei uns meist schon gelernt, daß Widerstand und Einspruch zwecklos sind, die Autoritäten längere Hebel besitzen und Zivilcourage nur bei Kröten und zur Lebensrettung gefragt sind.

Die Menschen in Rio de Janeiro, der Millionenstadt im Süden Brasiliens mit dem „Traumstrand“ Copa Cabana, leben im Allgemeinen auch nicht mit besseren Erfahrungen. Eher mit Schlechteren: Eine sehr dünne Oberschicht steht einem sehr großen Anteil armer Menschen gegenüber, die zwischen billiger Dienstleistung und Armut durch Landverlust durch meist europäische Konzerne) in Favellas hausen. Wo Unterdrückung hautnah erlebt wird, sind Alternativen leichter denkbar, auch wenn sie oft überraschend kommen:

Augusto Boal war zur Rückkehr aus dem europäischen Exil nach Rio eingela-den worden, aber die in Aussicht gestellte Unterstützung seiner Arbeit und seiner Gruppe konnte nicht geleistet werden: Weder Räume noch Finanzen für Arbeits- und Produktionsmaterialien waren zu bekommen, Brasilien lebt in hoher Inflation durch die Verschuldung aus der Militärdiktatur.

Die Idee, sich im Wahlkampf bei der Arbeiterpartei durch Öffentlichkeitsarbeit etwas zu verdienen, wurde von dieser umgedreht: Stellt selber Kandidaten für die Stadtratswahl, dann wird was gehen. Wen? Die Gruppe wies auf Augusto.

Sein Einspruch, mit seiner Arbeit in Europa verpflichtet zu sein, wurde mit dem Hinweis ausgeräumt, sehr viel Chancen bestünden bei 1200 Kandidaten für 42 Plätze sowieso nicht, das Projekt wurde mit einem guten Zeichner und dem Slogan verwirklicht:

Es braucht Mut, glücklich zu sein!

Die Presse reagierte begeistert. Endlich einmal keine vollmundigen Versprechungen, sondern ein Wahlkampfprogramm mit deutlicher Forderung demokratischer Beteiligungsmöglichkeiten, mit klaren Auseinandersetzungen, eine Neuigkeit im Wahlkampf, der in Rio wie Karneval begangen wird.

Augusto’s neuerliche Bedenken und seine Einnerung an seine Verpflichtungen als Theaterpädagoge konnten inzwischen mit genaueren Informationen durch die Gruppe beantwortet werden: „Du kannst uns dann alle anstellen, wir machen diese Arbeit für dich.“ Ein Stadtrat in Rio hat ein Kabinett von etwa 15 Mitarbeitenden.

So kam es nach seiner Wahl im Dezember ’92: Ab Februar hatte die Gruppe Räume im Rathaus, einen Sitz und Arbeitsthemen genug: Sie nehmen die Probleme der Ratsversammlung und spielen sie in Stücken in den Wohnvierteln und auf den Straßen und Plätzen der Innenstadt. Beim Forum-Theater) kann das Publikum den Ausgang der Szene nach eigenen Wünschen und Ideen verän-dern. Entsprechende Versionen werden festgehalten und zurück ins Rathaus gebracht, wo Mitarbeitende für die Verwandlung in Vorlagen und Anträge, aber auch in Rechtsberatung und Beschwerden zuständig sind.

Wie das Legislative Theater zur Anwendung in unserem Kulturkreis aufbereitet werden muß, da hier der Forum-Charakter des Theaters nicht leicht und lebendig zugänglich ist wie in Brasilien, sollten Versuche an Schulen und Hochschulen, in Jugend- und Sozialpädagogik erarbeiten.

Bei der Linzer Friedenswoche ’95 wurde Boal in eine Reihe mit Mikis Theodorakis und Ernesto Cardenal gestellt. Damit er für die Bewußtseinsbildung auch an unseren Schulen und bei unseren Bildungsträgern tatsächlich eine entsprechende Signalwirkung bekommt, braucht es noch mehr mutige Pädagogen, die den Einstieg in den gleichberechtigten Dialog wagen und den Mut zur Freiheit einer echten Partnerschaft mit den Lernenden eingehen. Das löst nicht den jeweiligen Beruf auf, sondern die Berufskrankheiten.

Wenn Augusto Boal im Oktober ’95 im Rahmen des Seminars im Institut für Jugendarbeit des Bayr. Jugendrings eine Fortbildung anleiten wird, werden sich, für die Öffentlichkeit zugänglich, einige seiner südeuropäischen Schüler und KollegInnen zu einer Tagung treffen, die die Umsetzung der Me-thoden des Theater der Unterdrückten in den verschiedenen Einsatzbereichen unserer sozialen Kulturarbeit vorstellen wird.

Zugesagt haben bisher
Michael Wrentschur, Inst. für Erziehungswissenschaft Universität Graz: Gewalt und Normen: „wir wollen den öffentlichen raum!“
Andreas Baumgärtner, Detmold: Theater und Gestaltarbeit in Gruppen Skulptur, Ausdruck und Aktivierung, Öffentlichkeit herstellen.
Lisa Kolb, Wien: Theater der Unterdrückten und Radix: Wurzelarbeit (Radix ist eine sehr einfache, auf Reich-Arbeit beruhende Körpertherapie)
Elisabeth Marie Mars, Rainer Bungenstock und Eugene Lambert, Arbeitsstelle Weltbilder Münster: Theater an der Schule
Manuela Liske, Berlin: Theaterarbeit mit bosnischen Flüchtlingen
Holger Ehlerding, Diessen: Theater in der Kinder- und Jugendpsychiatrie
Roberto Mazzini, Assoziatine Giolli, Medesano: Theater of the Oppressed in Soz Situations and in the Professions of Sozial Work
Ursula Obers und Klaus-Martin Krafft, München: Theater mit anderen Kulturen
Fritz Letsch, München: Die Arbeit am Tabu und ihre besonderen Polizisten
Alwin Baumert, Nürnberg: Aus der ökologischen Depression aussteigen
Christoph Leucht, Berlin: Flüchtlinge in Deutschland, Theater?
Simone Neuroth, Mainz: Jugend und Gewalt, Konzepte mit dem TdU an Schulen
PS: Eine Fortbildung für SchauspielerInnen wird es schon anfang September mit dem Deutschen Institut in Florenz in der Toscana geben: Das Theater Rechts und Links der Isar) bietet zwei Wochen „The Rainbow of Desire“, vierzehn psychotherapeutische Techniken für SchauspielerInnen an.
Eine ganze Serie zum Polizisten im Kopf mit deutschen KollegInnen wird es ab Dezember im Kreativhaus in Berlin geben, die Planungen für den münchner Raum sind noch nicht abgeschlossen.

Literatur: Zeitschrift für befreiende Pädagogik der Paulo-Freire-Gesellschaft, über das Büro der AG SPAK, Adlzreiterstr. 23, 80337 München (20.-/Jahr) 4 Ausgaben: Im Heft 3/4 1994: Fritz Letsch: Reale Theaterarbeit in sozialen und pädagogischen Berufen und andere Artikel zum Theater der Unterdrückten
Zum Theater der Unterdrückten:
Augusto Boal: Theater der Unterdrückten, Übungen und Spiele für Schauspieler und Nicht-Schauspieler SUHRKAMP-TB NF 361, Frankfurt 1979 +1989
in Englisch: Games for Actors and Non-Actors, und neu: The Rainbow of Desire, (…) Rootlegde, London
Daniel Feldhendler: Psychodrama und Theater der Unterdrückten, erweitert, ffm 92 und
Das Leben in Szene setzen! Ansätze für eine fremdsprachliche Dramaturgie, in: Die Neueren Sprachen, Bd. 90 Heft 2,April 1991 Diesterweg ffm
Einsatz von Dramaturgischen und Psychodramatischen Lehr- und Lernformen in der Fremdsprachenausbildung, in: Prakt. Handreich.f.Fremdsprachenlehrer, Hg:Jung,Udo O.H.
Bernd Ruping (Hrsg.): „Gebraucht das Theater, Die Vorschläge von Augusto Boal: Erfahrungen, Varianten, Kritik“ bei: Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung, Küppelstein 34, Remscheid, 1991 (vergr.)
Arbeitsstelle Weltbilder, Agentur für interkulturelle Pädagogik Münster und Schulstelle der AG Bern: Spiel-Räume, ein Werkbuch zum Boal’schen „Theater der Unterdrückten“ Münster/Bern 1993
Simone Neuroth: Augusto Boals „Theater der Unterdrückten in der pädagogischen Praxis, Deutscher Studien Verlag Weinheim 1994
Zur Theaterpädagogik:
Gisela Honens (Freiburg) und Rita Willerding (Kassel): Praxisbuch feministische Theaterpädagogik, Brandes & Apsel, wissen & praxis 43 ffm’92
Korrespondenzen Zeitschrift für Theaterpädagogik über Prof. Gerd Koch an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin
Weitere Texte zum Theater der Unterdrückten beim Autor: Fritz Letsch